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Mercedes-Benz Unimog BR 424, 425 und 435 (Erste Generation SBU)
Anfang der 70er Jahre wurde in allen Verkaufsbereichen des Unimog noch mehr Leistung und Nutzlast gefordert.
Man war an einem Punkt, wo der seit 1963 gebaute 406 trotz Leistungserhöhung auf 84 PS schon nicht mehr wie zur Markteinführung zu den stärksten Traktoren gehörte.
Auch in den anderen Branchen musste der Unimog mehr und mehr mit dem Lkw konkurrieren, welcher deutlich mehr Leistung bot.
Eine Leistungserhöhung auf 110 oder mehr PS wie beim 416 war aufgrund der höheren Belastungen insbesondere des Getriebes in Landwirtschaft und Kommunalwesen beim 406 nicht umsetzbar.
Zudem konnte die höhere Nutzlast durch das nicht erreichbare zulässige Gesamtgewicht nicht erhöht werden.
1974 wurde dann auf der DLG ein Unimog-Prototyp namens U 120 aus der Baureihe 425 vorgestellt. Dieser sollte die kleineren Modelle bis runter zum 421 nicht ersetzen, sondern die Produktpalette nach oben ergänzen.
Der legendäre 411 ging 1974 allerdings endgültig in den Ruhestand.
U 120 (=Prototyp) (Baureihe 425)
Das vorgestellte Fahrzeug war eine komplette Neuentwicklung.
Stärkere und breitere Achsen mit acht statt bisher sechs Radbolzen waren mit einem wesentlich längeren Radstand an einem stärker dimensionierten Rahmen montiert, welcher wie beim 406 und seinen "Verwandten" gekröpft war.
Als Motor blieb der auf 120 PS eingestellte OM 352 ohne Turboaufladung, wie er in schwächerer Ausführung auch im 406 und Co verbaut wurde.
Neu war der Aufbau des Antriebsstrangs:
War bisher bei allen anderen Unimog das Getriebe mit integriertem Verteilergetriebe und Kupplung direkt an den Motor angeflanscht, war beim neuen Fahrzeug der Motor mit der Kupplung weiter vorne und höher eingebaut, die Kraftübertragung zwischen Kupplung und Getriebe fand über eine Gelenkwelle statt.
Das Getriebe saß nun weiter hinten im Rahmen, was eine bessere Gewichtsverteilung ermöglichte.
Die Bauweise vereinfachte zudem Wartungsarbeiten wie den Kupplungstausch.
Zudem ragte der Motor nun nicht mehr in die komplett neu entwickelte Kabine hinein, diese hatte einen ebenen Boden.
Statt bisher zwei Sitzen war nun durch einen optionalen Doppel-Beifahrersitz eine Drei-Mann-Besatzung möglich.
Das Fahrerhaus war insgesamt wesentlich geräumiger und komfortabler ausgelegt als das Fahrerhaus des 406, welches ähnlich beengend war wie noch das des 411, welches in der Grundkonzeption ja schon seit 1949 gebaut wurde.
Das Fahrerhaus erhielt sogar einen Bundesdesignpreis für sein zweckmäßiges und geräumiges Design.
Es wird in seiner Grundkonzeption bis heute bei den hochgeländegängigen Unimog verbaut.
Das Getriebe war ebenfalls eine Neuentwicklung.
Für das Getriebe wurden Teile aus dem Baukasten der Mercedes-Lkw verwendet.
Es hatte vier Gänge in zwei Gruppen.
Diese wurden mit einer Doppel-H-Schaltung geschaltet, eine Ganganzeige im Armaturenbrett zeigte die jeweilige Schaltgasse (1-2, 3-4, 5-6, 7-8) an, in der man sich befand.
Für den fünften Gang legte das Getriebe wieder den ersten Gang ein, gleichzeitig wurde per Pneumatikzylinder allerdings auf die große Gruppe umgeschaltet. Entsprechend gilt das bis zum achten Gang, welcher dem vierten Gang entsprach.
Als Wendegetriebe konzipiert, waren alle Gänge mit der gleichen Geschwindigkeit auch rückwärts fahrbar. Zudem waren die Rückwärtsgänge genauso belastbar wie die Vorwärtsgänge, was sonst nicht der Fall ist.
Eine optionale Arbeitsgruppe sorgte dafür, dass nun 16 Gänge zur Verfügung standen. Eine ebenso optionale Kriechganggruppe erhöhte die Gangzahl auf 24.
Die beiden Gruppengetriebe waren als Nachschaltgetriebe konzipiert, welche an das Getriebe angeflanscht wurden.
So war es auch nachträglich möglich, einen Unimog mit Grundgetriebe entweder mit der Arbeitsgruppe oder noch zusätzlich mit der Kriechganggruppe auszustatten.
Das Fahrzeug wurde für ein zulässiges Gesamtgewicht von 9 Tonnen entwickelt, im Gegensatz zu den 6 Tonnen des 406 zum Ende der Bauzeit.
Kurze Zeit vor dem Serienanlauf im Jahr 1975 wurde die Typenbezeichnung auf U 1300 geändert. Damit einher ging eine Leistungssteigerung auf 125 PS. Diese resultierte daraus, dass man sich doch für den turboaufgeladenen Motor OM 352 A entschied.
Einen Monat später erschien der U 1500. Es handelte sich dabei im Prinzip um das gleiche Fahrzeug, allerdings war der Motor auf 150 PS leistungsgesteigert.
Früher Unimog U 1500
Außerlich war er vom U 1300 nur durch die Typenschilder zu unterscheiden
Stückzahlenmäßig war die Baureihe 425 kein besonderer Erfolg, wobei der U 1500 noch der Erfolgreichere war.
Zwar wurden leistungsfähigere Fahrzeuge gefordert, jedoch waren die Abmessungen des U 1300 und U 1500 gerade für kommunaleAufgaben im Verhältnis zur Leistung zu groß, wurde doch der Unimog bisher immer als kompaktes Fahrzeug geschätzt.
Die Fahrzeuge kamen immer nur dann zum Einsatz, wenn wirklich das hohe zulässige Gesamtgewicht gefordert war und die Abmessungen nicht gestört haben.
Die Baureihe 425 wurde daher nur bis 1982 gebaut.
1975 wurde die Baureihe 435 in Form des U 1300 L vorgestellt.
Dieses Fahrzeug dürfte vielen bekannt sein, schließlich lief es in großen Stückzahlen bei der Bundeswehr als Nachfolger des Unimog S.
Es handelte sich im Prinzip um einen U 1300 aus der Baureihe 425, nur hatte der U 1300 L einen längeren Radstand und einen längeren Rahmenüberstand hinter der Hinterachse und war als hochgeländegängiger Lkw typisiert.
Außerdem hatte der U 1300 L schwächere Achsen mit sechs Radbolzen, da er eine 7,5-Tonnen-Zulassung hatte.
Im Einsatz war er vor allem bei Armeen und Feuerwehren. Für Armeen wurde er meist mit einer runden, wegschwenkbaren Dachluke über dem Beifahrersitz ausgerüstet. Aus dieser konnte ein auf dem Dach montiertes Maschinengewehr vom Beifahrer bedient werden.
U 1300 L in Militärausführung mit Pritsche und Plane
Angeboten seit 1975 wurde auch der U 1700 L der Baureihe 435. Es war eine stärkere Variante des U 1300 L mit 168 PS und den stärkeren Achsen des U 1300 bzw. U 1500 mit acht Radbolzen.
Dieses Fahrzeug wurde zum Beispiel an die belgische Armee verkauft.
1979 wurde schließlich der U 1700 vorgestellt. Es handelte sich um einen Unimog, welcher den langen Radstand des Unimog U 1300 L und des U 1700 L mit der Geräteanbaumöglichkeit am Heck (kurzer Rahmenüberhang) und einem auf 168 PS leistungsgesteigerten Motor kombinierte.
Er besaß wie der U 1700 L die großen Achsen.
Die Baureihe 435 wurde bis 1990 gebaut.
1976 wurde schließlich mit dem U 1000 die Baureihe 424 vorgestellt.
Früher U 1000
Bei der Baureihe 424 handelte es sich um eine leichtere Baureihe. Gedacht war sie vor allem für den kommunalen Einsatz.
Der U 1000 hatte einen kürzeren Radstand, welcher zwischen dem der Baureihe 406 und dem der Baureihe 425 (U 1300, U 1500) lag.
Verbaut wurden die Achsen mit sechs Radmuttern. Dabei war der Spur auch schmaler als bei der Baureihe 425, deshalb hatte die Baureihe 424 auch schmalere Stoßstangenecken als die beiden größeren Baureihen.
Es wurde der Motor OM 352 ohne Turboaufladung mit 95 PS verbaut.
Ermöglicht durch den Wegfall des Turboladers und einen kleineren Kühler wurde die Motorhaube abgesenkt, wodurch die Übersicht nach vorne besser wurde.
1982 wurde dann der U 1200 vorgestellt. Dieser besaß das gleiche Fahrgestell wie der U 1000, hatte aber den OM 352 A mit 125 PS (wie der U 1300). Bei diesem Modell wurde die normale Motorhaube verbaut.
Der 1200er stellte eine kompaktere Alternative zum U 1300 der Baureihe 425 mit gleicher Leistung dar.
Ab 1984 war der U 1250 verfügbar. Dabei handelte es sich um einen U 1200 mit langem Radstand aber kurzem Rahmenüberhang, welcher Geräteanbau am Heck ermöglichte.
Ab 1985 gab es dann schließlich auch den U 1250 L, ein Fahrzeug, dass bis auf die kurzen Stoßstangenecken weitgehend dem U 1300 L aus der Baureihe 435 entsprach und somit den langen Radstand mit langem Rahmenüberhang besaß.
Ab 1986 wurden der U 1250 und der U 1250 L auch als stärkere Versionen unter den Namen U 1550 und U 1550 L verkauft, allerdings nur in verschwindend geringen Stückzahlen.
Die Baureihe 424 wurde bis 1988 produziert.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Typenvielfalt der ersten Generation der Schweren Baureihe Unimog (SBU) selbst für Kenner kaum durchschaubar ist.
Man kann die Baureihen zwar in etwa einteilen ( Baureihe 425 = Geräteträger, Baureihe 435 = hochgeländegängige Lkw, Baureihe 424 = kompakte Geräteträger), allerdings gibt es in den Baureihen 435 und 424 wiederum Typen, welche nicht in diese Einteilung passen.
Dieses Typenwirrwarr wurde erst mit der zweiten Generation der Schweren Baureihe Unimog durch Einteilung in eine leichtere (427) und schwerere (437) Baureihe, unabhängig vom Fahrzeugtyp, etwas vereinfacht.
Der beste Anhaltspunkt bei diesen Fahrzeugen ist simpel gesagt das Typenschild.
Die Fahrzeuge dieser Baureihen werden häufig auch als erste Fahrzeuge der "U-Serie" bezeichnet.
Grund dafür ist, dass in der vorherigen Baureihen eigentlich immer nur ein oder zwei Typen gleichzeitig produziert wurden.
Daher stand im Prospekt zwar häufig eine Verkaufsbezeichung mit U (z.B. U 84 aus der Baureihe 406), die Fahrzeuge wurden und werden aber meistens mit dem Baureihennamen (U 406, 406er) bezeichnet.
Mit der Ersten Generation der SBU änderte sich das, da immer mehrere Typen pro Baureihe gleichzeitig verkauft wurden und so die Verkaufsbezeichnung zum Unterscheidungskriterium wurde.
In der Landwirtschaft spielten vor allem die Baureihe 425 und 424 eine Rolle.
Die 425er als leistungsstarke Fahrzeuge mit größerer Nutzlast und großer Ladefläche, die 424er als kompaktere mit fast gleich viel Leistung aber weniger Zuladung.
Von der Baureihe 435 wurde eigentlich nur der U 1700 in nennenswerten Stückzahlen in der Landwirtschaft eingesetzt.
Geeignet waren die Fahrzeuge in der Landwirtschaft eigentlich vor allem als Zugfahrzeuge.
Es waren zwar Front- und Heckkraftheber und -zapfwelle verfügbar, jedoch verfügte das Fahrzeug immer noch nicht über eine Regelhydraulik.
Stattdessen war eine Höhenanzeige des Heckkrafthebers über Seilzüge im Fahrerhaus zum Nachregulieren bestellbar.
Dementsprechend spielte der Einsatz als Ackerschlepper eigentlich erstmals keine größere Rolle mehr.
Zehn Jahre früher bei der Markteinführung des 406 sah das noch ganz anders aus.
Die Rolle des Ackerschleppers von Mercedes-Benz nahm ab 1976 der MBtrac ein, dessen (Weiter-)Entwicklung nahm in den nächsten Jahren auch die vorhandenen Entwicklungsressourcen in einem Maß in Anspruch, die Weiterentwicklung des landwirtschaftlichen Unimog so gut wie gestoppt wurde.
Dennoch waren einige Unimog vor allem der Baureihe 424, aber auch der Baureihe 425 im Einsatz als wirklicher Ackerschlepper.
Ich habe bewusst einige Sonderfahrzeuge (Triebköpfe sowie Fahrzeuge mit extralangem Radstand) ausgelassen, da diese für die Landwirtschaft keine Rolle spielten und das Ganze hier noch mehr verkompliziert hätten.
Unterscheidungsmerkmale:
alle Baureihen:
- frühe Modelle: "hängende" Spiegel
- ab Werk keine silbernen Zierstreifen an der Seite
- Typenschild nur am Kühlergrill, nie der Aufkleber an der Seitentür
Baureihe 425:
- Prototypen: abgerundete Stoßstangenecken, Kühlergrill unten in Fahrzeugfarbe lackiert
- kurzer Radstand, aber länger als bei Baureihe 424 mit kurzem Radstand
- Achsen mit acht Radbolzen (evtl. bei manchen auch zehn Radbolzen)
- breite Stoßstangenecken, oftmals ohne Trittstufe
- breite Ladefläche (steht seitlich über Fahrerhaus hinaus)
Baureihe 435:
- immer langer (3250 mm) Radstand oder noch länger
- kurzer Rahmenüberhang bei U 1700
- langer Rahmenüberhang bei U 1300 L und U 1700 L
- Achsen mit sechs Radbolzen beim U 1300 L
- Achsen mit acht Radbolzen beim U 1700 und U 1700 L
- breite Stoßstangenecken, immer mit Trittstufe (viereckiges Loch)
- breite Ladefläche (steht seitlich über Fahrerhaus hinaus)
Baureihe 424:
- immer Achsen mit sechs Radbolzen
- schmale Stoßstangenecken
- kurzer Radstand bei 1X00er-Modellen (1000, 1200)
- langer Radstand (3250 mm) mit kurzem Überhang bei 1X50er-Modellen (1250, 1550)
- langer Radstand (3250 mm) mit langem Überhang bei 1X50 L Modellen (1250 L, 1550 L)
- meist trapezförmige Blechkotflügel hinten
- schmalere Ladefläche (seitlich bündig mit Fahrerhaus abschließend)
Ich hoffe, dass ich wenigstens halbwegs Ordnung in das Typenchaos gebracht habe und freue mich schon auf eure Kommentare.